Keine Krisenstimmung in der Fleischwirtschaft
VDF/BVDF, 07.05.2009 - Trotz der im zurückliegenden Jahr zeitweise empfindlich gestiegenen Preise bei nahezu allen Lebensmitteln durch die weltweit gestiegenen Getreide- und Energiepreise hat sich die private Nachfrage im Bereich Fleisch und Fleischwaren im Jahr 2008 insgesamt befriedigend entwickelt. Die aktuelle Finanzmarktkrise wirkt sich auf die größte Branche der deutschen Ernährungsindustrie im heimischen Markt bislang nur begrenzt negativ aus, eine gewisse Kaufzurückhaltung ist insbesondere bei einigen hochpreisigen Artikeln festzustellen. Rückgänge sind allerdings bei den Lieferungen aus und in Drittlandsmärkte zu verzeichnen. Vor diesem Hintergrund blieb die Zahl der Arbeitsplätze in den Schlacht- und Verarbeitungsunternehmen der deutschen Fleischwirtschaft mit rund 90.000 stabil. Dies teilten die führenden Verbände der Fleischwirtschaft und Fleischwarenindustrie VDF und BVDF anlässlich ihrer gemeinsamen Jahrestagung am 07.Mai 2009 in Berlin mit.Neues Rekordjahr bei der Schweineproduktion
Für die Schweineproduktion in Deutschland stellte 2008 ein neues Rekordjahr dar. Insgesamt wurden in Deutschland etwa 55 Mio. Schweine geschlachtet, 1,5 Mio. (+2,7 Prozent) mehr als im Vorjahr. Noch vor zehn Jahren lagen die Schlachtzahlen bei rund 40 Mio. Schweinen jährlich. Dem gegenüber entwickelten sich die Schlachtungen in nahezu allen europäischen Nachbarländern rückläufig. Da gleichzeitig der Schweinefleischverbrauch in Deutschland um 3,5 Prozent auf 53,3 Kilogramm etwas sank, stand ausreichend Ware für den innergemeinschaftlichen Handel und den Export in Drittländer zur Verfügung. Im Außenhandel konnte 2008 mit etwa 2,6 Mio. Tonnen ein historisches Rekordergebnis erreicht werden. Die größten Kunden der deutschen Unternehmen waren laut Statistik: Russland (764.000 Tonnen), Hongkong (454.000 Tonnen) und Japan (236.000 Tonnen).
Die Rinderproduktion in Deutschland nahm 2008 leicht um 1,2 Prozent zu und der Abwärtstrend der zurückliegenden Jahre konnte erstmals gestoppt werden. Durch den Einbruch der Rindfleischimporte aus Südamerika um über 70 Prozent, insbesondere aus Brasilien, fehlten allerdings Mengen im Markt. In der Folge stiegen die Preise für Rindfleisch deutlich an und wirkten sich negativ auf den Konsum aus.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2008 in Deutschland insgesamt 7,5 Mio. Tonnen Fleisch erzeugt. Davon entfielen auf die Schweinefleischerzeugung mit 5,1 Mio. Tonnen (67,7 Prozent) der Hauptanteil der Erzeugung. Die Produktion von Geflügelfleisch lag 2008 mit 1,21 Mio. (16,1 Prozent) erstmals höher als die Erzeugung von Rindfleisch (1,19 Mio. Tonnen, 15,9 Prozent). Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 54,6 Mio. Schweine und 3,8 Mio. Rinder und Kälber geschlachtet.
Verarbeitungserzeugnisse legen weiter zu
Sowohl wert- als auch mengenmäßig spielen Fleischverarbeitungserzeugnisse im Vergleich zu frischem Fleisch in den Haushalten eine immer größere Rolle: Auf Fleischwaren, also Wurst und Schinken, entfielen nach Informationen der ZMP im Jahr 2008 48,8 Prozent der Einkaufsmenge und 56,6 Prozent der Ausgaben der Privathaushalte für den gesamten Produktbereich. Nach dem leichten Rückgang im Vorjahr konnten Fleisch- und Wurstwaren bei der Nachfrage der deutschen Haushalte wieder insgesamt um ein Prozent zulegen. Eine Ursache für die wachsende Beliebtheit der Verarbeitungserzeugnisse sind die sozialen Veränderungen und die sich daraus ergebenden Änderungen der Ernährungsgewohnheiten.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verlief die Produktionsentwicklung der deutschen Fleischwarenindustrie im zurückliegenden Jahr mit einem Zuwachs von insgesamt 2,6 Prozent auf 1.467.667 Tonnen (2007: 1.429.836 t) positiv. Mit einem Mengenplus von 2,9 Prozent auf 858.931 Tonnen (2007: 835.028 t) entwickelte sich die Brühwurst als größte Warengruppe besonders gut. Auch die Rohwürste wie Salami oder Teewurst konnten um 2,5 Prozent auf 433.216 Tonnen (2007: 422.811 t) zulegen. Kochwürste wie Rotwurst oder Leberwurst legten ebenfalls erstmals seit Jahren wieder zu und konnten einen Produktionszuwachs um 2,0 Prozent auf 175.520 Tonnen (2007: 171.996 t) verzeichnen.
Der leichte Anstieg der Industrieabgabepreise um 2,1 Prozent war eine Folge der durch die hohen Getreidekosten im zurückliegenden Jahr weltweit verursachten Kostensteigerungen in der landwirtschaftlichen Produktion, die in anderen Bereichen des Ernährungsgewerbes allerdings deutlicher ausgefallen sind.
Fleischverzehr leicht rückläufig
Die Nachfrage nach Rind- und Schweinefleisch nahm im zurückliegenden Jahr dagegen um 2,9 Prozent leicht ab. Hier machten sich offensichtlich vorübergehende witterungs- und preisbedingte Einflüsse bemerkbar. Preiswertes Hackfleisch legte dagegen gegenüber den vergleichsweise höherpreisigen Edelteilen spürbar zu. Die Beliebtheit von Hackfleisch ist jedoch nicht nur das Ergebnis günstiger Preise, sondern auch der vergleichsweise einfachen und vielseitigen Zubereitungsmöglichkeiten.
Das Thema Bio spielt bei Fleisch und Fleischwaren von der Menge eine völlig untergeordnete Rolle, die in beiden Produktbereichen unter einem Prozent des Marktanteils liegt. Allerdings zeigte Bio-Fleisch im zurückliegenden Jahr auf diesem niedrigen Niveau eine hohe Wachstumsrate, die vor allem auf das Angebot im Discount zurückzuführen ist. Angesichts des großen Preisunterschieds zu konventioneller Ware ist jedoch auch langfristig nicht davon auszugehen, dass Bioprodukte einen spürbaren Marktanteil erlangen werden.
Export vor der Neuorganisation
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Absatzfondsgesetz und die damit in Folge verbundene Liquidation von CMA und ZMP stellen die Verbände der Fleischwirtschaft vor neue Aufgaben. So werden wichtige Dienstleistungen für das Exportgeschäft wie Marktinformationen oder Messebeteiligungen künftig von einer eigenen Gesellschaft der Verbände angeboten, die unter dem Namen German Meat im April gegründet wurde und von den Unternehmen gemeinschaftlich getragen wird. Ebenfalls bereits weit gediehen sind Pläne von VDF und BVDF in Bezug einer künftigen gemeinsamen Verbraucherinformation. Damit wird der Forderung der Politik nach einer stärkeren Beteiligung der Wirtschaft nach Wegfall des Absatzfondsgesetzes deutlich Rechnung getragen. Allerdings erwarten VDF und BVDF von den zuständigen Bundesministerien auch konkrete Hilfestellungen in den Bereichen Export, Forschung und Marktinformationen. Der Wegfall des Absatzfondsgesetzes hat in den genannten Bereichen den Umfang hoheitlicher Aufgaben vergrößert und die Verantwortung der Bundesregierung erhöht.
Erwartungen verhalten positiv
Für das laufende Jahr sind die Aussichten der Unternehmen der Fleischwirtschaft verhalten optimistisch. Die konjunkturelle Abhängigkeit der Fleischwirtschaft ist nicht so stark wie in anderen Bereichen der Wirtschaft, obwohl das Drittlandsgeschäft eine schwierige Phase auf dem Weltmarkt durchläuft. Vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung verändert sich auch die Nachfrage der Verbraucher im deutschen Markt: Die Unternehmen der Fleischwirtschaft stellen sich auf verstärkte Verschiebungen im Einkaufsverhalten hinsichtlich Einkaufsstätten und Produkte ein. Discounter und preisgünstige Produkte gewinnen zulasten der Edelprodukte an Bedeutung.