Pressemitteilung zur VDF/BVDF-Jahrestagung 2014
VDF/BVDF, 22.05.2014 -Trotz einer vorübergehend leicht gesunkenen Nachfrage in Europa, Schwierigkeiten beim Export in Drittländer und mangelhafter gesellschaftlicher Akzeptanz der landwirtschaftlichen Erzeugung schauen die deutschen Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe der Fleischwirtschaft optimistisch in die Zukunft. Gründe für die verhaltene Nachfrage waren das vergleichsweise hohe Preisniveau für Fleisch und die wirtschaftlichen Probleme insbesondere in Südeuropa aufgrund der Eurokrise, eine witterungsbedingt schlechte Grillsaison sowie veränderte Ernährungsgewohnheiten.
Der insbesondere von der jungen Bevölkerung in den Großstädten und verschiedenen NGOs vorgetragenen Kritik an der landwirtschaftlichen Erzeugung als Folge einer zunehmenden Entfremdung von der Gewinnung, Verarbeitung und Zubereitung von Lebensmitteln folgt ein Teil der Politik allzu bereitwillig. Dies hat zu einem immer verwirrender werdenden Regelgeflecht geführt, das vor allem kleine und mittelständische Wirtschaftsunternehmen in ihrer Existenz gefährdet.
Ein Beispiel hierfür ist die mit der EU-Lebensmittelinformationsverordnung in Gang gesetzte verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Für frisches Fleisch von Schweinen, Geflügel und Schafen wird das Regelwerk ab 01. April 2015 Gültigkeit erlangen. Die Bedingungen sind aber so kompliziert, dass Fleischwirtschaft, Landwirtschaft und Einzelhandel erwarten, dass nur große Einheiten auf den jeweiligen Stufen in der Lage sein werden, die Bedingungen ohne zu große Kostenschübe umzusetzen.
Für Fleisch als Zutat in verarbeiteten Lebensmitteln wurde eine Machbarkeitsstudie von der EU vorgelegt, die für diesen Bereich noch größere Probleme vorhersagt, als für frisches Fleisch. Zudem verweist auch in diesem Bereich die Studie auf die mangelnde Bereitschaft der Verbraucher zur Übernahme höherer Preise. Die europäische Lebensmittelwirtschaft hat sich entsprechend deutlich gegen eine solche Verpflichtung zur Herkunftsangabe ausgesprochen.
Ein Thema von wesentlicher Bedeutung während der zurückliegenden Monate war ferner die Verbesserung des Tierwohls in der Landwirtschaft. Gemeinsam mit den großen Unternehmen des Einzelhandels wurde die Initiative Tierwohl gegründet, die künftig die Landwirte bei der Umstellung auf gehobene Standards finanziell unterstützen soll.
Wirtschaftliche Entwicklung
Der Verzehr von Fleisch und Fleischerzeugnissen stagniert seit rund zehn Jahren auf einem Niveau von rund 60 kg pro Kopf und Jahr. Mit 60,3 kg pendelte der Verzehr im zurückliegenden Jahr nach vorläufigen Zahlen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) gegenüber dem Vorjahr um 0,5 kg wieder etwas nach unten.
Nach einem Rückgang der Fleischerzeugung im Jahr 2012 ist die Produktionsmenge der deutschen Schlachtwirtschaft wieder leicht (plus 0,4 %) auf 8,1 Mio. t gestiegen. Dies sind vorläufige Zahlen, die noch korrigiert werden können.
Schweinefleisch, die wichtigste Fleischart, ist in ihrer Bedeutung erneut leicht gestiegen und hat mit 5,5 Mio. t einen Produktionsanteil von knapp 68 %. Danach folgen Geflügelfleisch mit 18,0 % und Rindfleisch mit 13,7 %. Der Anteil der übrigen Fleischsorten (v.a. Schaf- und Ziegenfleisch) beträgt nur knapp 0,3 %.
Die Schweineschlachtungen nahmen wieder um 0,7 % zu. Das Schlachtaufkommen betrug 58,8 Mio. Tiere.
Bei Rindfleisch setzte sich die langfristige Entwicklung mit einer Verringerung der Produktion fort. Die Schlachtungen sanken um knapp 4 % auf gut 3,5 Mio. Tiere. Wegen leicht höherer Schlachtgewichte sank die Erzeugungsmenge nur um 2,4 % auf gut 1,1 Mio. t.
Mit einem statistischen Pro-Kopf-Verzehr von 38,1 kg liegt Schweinefleisch trotz eines Rückgangs von 0,6 kg weiterhin unangefochten an der Spitze der Verbrauchergunst. Wichtige Ursachen für den Rückgang sind u.a. ein hohes Preisniveau, die enttäuschende Grillsaison und sich wandelnde Verzehrgewohnheiten. Auch die Entwicklung der Preisrelationen zwischen den verschiedenen Fleischarten hat einen Einfluss, der sich zugunsten des Verzehrs von Geflügelfleisch auswirkt, der um 0,3 kg auf 11,6 kg pro Kopf gestiegen ist. Der Rindfleischverzehr ist wieder leicht um 0,2 kg auf 8,9 kg zurückgegangen. Hierzu haben sicherlich die deutlichen Preiszuwächse dieser Fleischart beigetragen, die ohnehin am oberen Ende der Preisskala angesiedelt ist. Auf den Verzehr von Schaf- und Ziegenfleisch (in der Regel Lamm) entfielen 0,6 kg, und andere Fleischarten (insbesondere Innereien, Wild, Kaninchen) sind mit 1,0 kg zu veranschlagen.
Fleischwaren: leichter Produktionsrückgang
Etwa die Hälfte des Fleischverzehrs entfällt auf Fleischwaren wie Wurst und Schinken. Für 2013 zeigt die Produktionsentwicklung nach vorläufigen Zahlen ein leichtes Minus von 1,1 Prozent auf 1.458.670 t (2012: 1.474.449 t). Gleichzeitig erhöhten sich die Preise aufgrund gestiegener Rohstoffkosten um durchschnittlich drei Prozent. Im größten Marktsegment, der Brühwurst, ging die Produktion um 1,8 Prozent auf 853.054 t (2012: 869.023 t) zurück, bei Rohwürsten lediglich um 1,4 Prozent auf 433.669 t (2012: 439.612 t). Kochwürste, die sich in den zurückliegenden Jahren stets rückläufig entwickelt hatten, konnten dagegen um 3,7 Prozent auf 171.947 t (2012: 165.814 t) zulegen. Wesentliche Warengruppen der Fleischwarenindustrie wie beispielsweise Schinken werden von der Statistik allerdings nicht erfasst.
Die Fleischwarenindustrie und Fleischwirtschaft stellen mit einem Umsatz von 36,1 Mrd. € und einem Anteil von 23,3 % den weiterhin mit Abstand größten Bereich der deutschen Ernährungsindustrie dar.
Export als Motor des Ertrags
Die weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch bietet auch für die deutsche und europäische Fleischwirtschaft mit ihren guten und stabilen natürlichen Ressourcen sowie dem hohen Qualitätsniveau beste Chancen. Insbesondere ländliche Räume mit kleinteiliger Agrarstruktur profitieren von Erträgen aus der tierischen Veredelung. Der Wohlstand in ehemals strukturschwachen Regionen u.a. in Nordwestdeutschland ist nicht zuletzt auf die wirtschaftliche Dynamik und die ökonomischen Sekundärwirkungen des tierischen Veredelungssektors zurückzuführen.
Mit knapp 4,1 Mio. t exportierte die deutsche Fleischwirtschaft 2013 weiterhin auf sehr hohem Niveau und konnte erneut einen Zuwachs verzeichnen (+2,2 %). Auch die Exporterlöse stiegen um knapp 1 % auf ca. 9,8 Mrd. € an. Von der Exportmenge entfielen 14,4 % auf Fleischwaren (Würste und Fleischzubereitungen). Die deutsche Fleischwarenindustrie konnte damit ihren Anteil am Gesamtexport des Fleischsektors erneut steigern (Vorjahr 12,7 %). Wichtigste Abnehmerländer für Fleisch und Fleischwaren aus Deutschland sind die EU-Länder, in die je nach Tierart und Produktkategorie 80 bis 90 % der Ausfuhrmengen fließen.
Bei den Nebenprodukten der Schlachtung (u.a. Innereien, Speck und Fette) haben Drittländer mit rund 50 % einen deutlich höheren Anteil. Die Ausfuhren dieser hochwertigen Erzeugnisse in Länder mit Verbraucherpräferenzen, die sich von denen in Deutschland und der EU stark unterscheiden, sichern eine bedeutende Ertragskomponente für die hiesige Fleisch- und Landwirtschaft. Insgesamt wurden aus Deutschland 643.000 t an Nebenprodukten ausgeführt, 10.000 t mehr als 2012. Wichtigste Zielländer sind China (122.000 t), die Niederlande (104.000 t) und Hongkong (102.000 t).
Bei frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist die Exportmenge nach vorläufigen Daten um etwa 2 % auf insgesamt 1,722 Mio. t angestiegen. Der Anteil der EU-Mitgliedstaaten betrug 81 %.
Trotz schwieriger Bedingungen bei den Veterinärregelungen mit bestimmten Drittländern (insbesondere Russland und China) nahm das Drittlandsvolumen bei frischem und gefrorenem Fleisch mit 320.000 t nur um knapp 10.000 t ab, wurde aber durch die gestiegenen Lieferungen in EU-Länder überkompensiert. Deutschland ist nach wie vor in diesem Bereich der größte Drittlandsexporteur der EU. Der vor einigen Jahren noch deutliche Abstand gegenüber Dänemark (Exportmenge 2013: 316.000 t) hat sich aber fast auf Null verringert. Der Anteil Russlands beim Export ist weiter auf nur noch 92.000 t zurückgegangen (2012: 101.000 t). Die im Vorjahr sprunghaft gewachsenen Lieferungen nach China gingen leicht auf 76.000 t zurück. Dafür nahm die Liefermenge nach Hongkong um 20 % auf 18.000 t zu. Nimmt man alle Produkte des Sektors Schweinefleisch zusammen (gekühlt, gefroren, verarbeitet, Nebenprodukte, Fette etc.), so beträgt die Exportmenge in Drittländer 737.000 t.
Insgesamt hat sich die Struktur der Exportziele außerhalb der EU erheblich differenziert. Die deutschen Schweinefleischexporteure beliefern mittlerweile eine breitere Palette von Ländern, und die bisherige Dominanz einiger weniger Exportziele ist abgeschwächt. So werden mittlerweile mit deutlichen Zuwachsraten nennenswerte Mengen z. B. nach Japan (5.800 t), in die Schweiz (5.400 t), nach Montenegro (3.600 t) oder in die Elfenbeinküste (2.800 t) geliefert. Die Tendenz und die Notwendigkeit zur Erschließung neuer Märkte wird aktuell noch verstärkt durch den Entfall des russischen Marktes aufgrund der Sperre der gesamten EU wegen des Auftretens der Afrikanischen Schweinepest an den Ostgrenzen von Litauen und Polen.
Die Erschließung neuer Exportmärkte ist für die Absatzsicherung der deutschen Fleischwirtschaft von existenzieller Bedeutung. Die deutschen Fleischunternehmen arbeiten daher seit fünf Jahren in German Meat, der gemeinschaftlichen Exportförderungsorganisation der deutschen Fleischwirtschaft, erfolgreich zusammen. Ein Großteil der erzielten Differenzierungserfolge ist auf die Tätigkeit in Kooperation mit German Meat zurückzuführen.
Die Ausfuhr von frischem und gefrorenem Rindfleisch ist um rund 10 % auf 306.000 t zurückgegangen. Hiervon waren sowohl die Lieferungen in EU-Länder als auch die Exporte in Drittländer betroffen. Gut 87 % der Rindfleischexporte entfielen auf frisches Rindfleisch. Auch nach einer noch zu erwartenden Korrektur wird es im Bereich des Rindfleischexports bei einem Minus gegenüber 2012 bleiben. Der mit Abstand größte Teil dieser Lieferungen (91 %) entfiel auf Märkte in der EU. Wichtigste Zielländer sind hier die Niederlande, Frankreich und Italien.
Das Volumen des Drittlandsexports war im Jahr 2013 mit 28.350 t etwa 8 % unter dem Niveau des Jahres 2012 und betrug weniger als die Hälfte der Exportmenge des Jahres 2011. Wichtigste Ursache für diese Entwicklung war der komplette Entfall der Lieferungen in die Türkei, die im Jahr 2011 (also vor Anhebung der Einfuhrzölle für Fleisch auf prohibitives Niveau) noch gut 20.000 t betragen hatten. Auch der Export nach Russland ist im Jahr 2013 erheblich geschrumpft und beträgt nur noch 2.000 t (-72 %). Die Liefermenge nach Norwegen sank um ein Drittel auf rund 8.300 t. Wichtigstes Zielland ist jetzt die Schweiz mit 12.600 t und einem Zuwachs von rund 50 %. Eine deutliche Steigerung gab es auch beim Export nach Bosnien und Herzegowina (+290 % auf 2.380 t).
Der Drittlandexport von Fleischerzeugnissen ist naturgemäß weniger stark ausgeprägt als der Export von Frischfleisch, weil der Verzehr von Wurstwaren in außereuropäischen Märkten anderen Verzehrgewohnheiten unterliegt. Trotzdem finden deutsche Wurstwaren Käufer selbst in ostasiatischen Märkten wie Japan, Korea oder Hongkong. Deutlich stärker ist die Position der deutschen Fleischwarenindustrie dagegen in Europa. Hier entfällt gut ein Viertel der Produktion von Wurstwaren auf die deutschen Unternehmen.
Einfuhr stagniert
Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Rindfleisch betrug 291.000 t und lag damit um 6 % unter der Menge von 2012. Auf die Bezüge aus anderen EU-Ländern entfielen davon mit rund 291.000 t ca. 84 %. Wichtigste Lieferländer sind die Niederlande und Polen. Zu beachten ist hierbei, dass ein erheblicher Anteil der Rindfleischlieferungen aus den Niederlanden ursprünglich Drittlandseinfuhren vor allem aus Südamerika und den USA sein dürften, die über den Hafen Rotterdam in die EU eingeführt werden. Dieser „Rotterdam-Effekt“ wird in der Außenhandelsstatistik nicht berücksichtigt.
Aus Drittländern wurden rund 47.000 t direkt nach Deutschland eingeführt. Das war zwar eine Zunahme von 5 %, die Einfuhr blieb aber deutlich hinter der traditionell eingeführten Menge an Rindfleisch zurück. Argentinien ist mit 22.700 t weiterhin der mit Abstand wichtigste Drittlandslieferant. Die Menge war aber erneut geringer als im Vorjahr (-4 %). Uruguay steht in der Rangliste der Lieferländer mit 8.800 t auf dem zweiten Platz mit einer Zunahme gegenüber 2012 von 26 %. Die Einfuhr aus Brasilien nahm ebenfalls kräftig zu (+31 %). Die Menge ist mit 7.700 t gemessen an der ehemaligen Bedeutung dieses Lieferlandes eher bescheiden. Wieder leicht zurückgegangen ist der Import aus den USA auf 5.800 t (-2,4 %).
Die Einfuhr von gefrorenem Rindfleisch aus Drittländern ist voriges Jahr wieder angestiegen (+20 %) auf 6.500 t.
Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist 2013 um 3,7 % auf 942.000 t zurückgegangen. Auch hier dürfte aber die Korrektur dieser noch vorläufigen Zahlen insbesondere in Bezug auf die Bezüge aus den EU-Ländern dazu führen, dass die Mengen gegenüber dem Vorjahr in etwa gleich geblieben sind. Wichtigstes Lieferland ist wie auch im Vorjahr Dänemark mit 323.000 t (-4 %) vor Belgien mit 322.000 t (-2 %) und den Niederlanden mit 109.000 t (-8 %).
Aus Drittländern wurden lediglich gut 4.000 t importiert, das meiste davon aus Chile, dessen Lieferungen im Vergleich zu 2012 um 18 % auf 2.700 t zurückgingen.