Pressemitteilung zur VDF/BVDF-Jahrestagung 2015
VDF/BVDF, 07.05.2015 -Produktion von Fleisch und Fleischwaren im Plus
Ungeachtet der anhaltenden unsachlichen Darstellungen von Fleischerzeugung und
-verbrauch in den Medien und trotz anhaltender Schwierigkeiten im Export konnten die deutsche Fleischwirtschaft und Fleischwarenindustrie im Jahr 2014 einen Produktionszuwachs erzielen.
Allerdings konnten nicht alle Unternehmen gleichsam davon profitieren. Denn das zunehmend dichter werdende Regelgeflecht von EU- und nationalen Vorschriften lässt insbesondere kleineren mittelständischen Unternehmen immer weniger Luft. Es ist grotesk, dass sich die Politik an den Vorstellungen von Bürgerinnen und Bürgern orientiert, die sich so weit von den Prozessen der Nahrungsmittelerzeugung entfernt haben, dass ihnen die Widersprüche ihrer Wünsche nicht bewusst sind. Einerseits werden Forderungen nach immer umfangreicheren Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Produktinformation gestellt, andererseits wird die Produktion in großen Einheiten verteufelt, die aber gerade bei der Erfüllung von Qualitäts- und Informationsanforderungen gegenüber kleineren Einheiten im Vorteil ist.
Beispielhaft hierfür ist die obligatorische Herkunftskennzeichnung für Fleisch von Schweinen, Geflügel und Schafen, die am 01. April 2015 in Kraft getreten ist. Zu erwarten ist, dass die obligatorische Herkunftskennzeichnung die bisher bestehenden Nischenmärkte für kleinere Anbieter überlagert und große Unternehmen begünstigen wird, weil diese die komplizierten Regelungen ohne größere Kostensprünge bewältigen können.
Eine Ausdehnung der Pflicht zur Herkunftskennzeichnung auf Fleisch, das als Zutat in Verarbeitungserzeugnissen verwendet wird, wird aktuell von Teilen des Europäischen Parlaments gefordert. Dabei ignorieren die Befürworter eine Mehrheit der Bevölkerung, für die eine verpflichtende Herkunftsangabe auf Fleischwaren keinen Wert hat, für den sie einen Preis zahlen würden.
Im Außenhandel mit Fleisch und Fleischwaren ist die Einfuhrsperre Russlands nach wie vor eine schwere Last für die deutschen und europäischen Exporteure. Der entfallene Export in Drittländer konnte aber durch intensive Bearbeitung anderer Märkte, insbesondere in Asien, nahezu wieder ausgeglichen werden. Hierbei stehen die Eigeninitiativen der Wirtschaft im Vordergrund. Die Verhandlungen der deutschen Behörden zur Eröffnung neuer Märkte gestalten sich dagegen eher schleppend.
Mit der Initiative Tierwohl hat die Wirtschaft in den vergangenen Monaten ein beispielloses Projekt an den Start gebracht, das die Haltungsbedingungen für einen Großteil der in Deutschland gehaltenen Schweine über den gesetzlichen Standard anhebt. Von Beginn an werden sich 2.142 landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als 12 Mio. Schweinen daran beteiligen. Den finanziellen Ausgleich für den Mehraufwand erhalten die Landwirte über einen Fonds, der von großen Einzelhandelsunternehmen gespeist wird. Das System wurde von der Fleischwirtschaft in einem aufwendigen Prozess mit entwickelt und durch die Teilnahme der Schlachtbetriebe unterstützt.
Wirtschaftliche Entwicklung
Die Fleischerzeugung stieg in Deutschland und der EU im vergangenen Jahr auf Rekordniveau. Ebenso legte die Produktion der Fleischwarenindustrie wieder zu.
Die Fleisch- und Fleischwareneinkäufe privater Haushalte nahmen hierzulande in sehr geringem Maße weiter ab. Insgesamt wurden nach Angaben der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft (AMI) 1,5 % weniger Fleisch (inklusive Geflügel und Wurst) von Privathaushalten erworben als im Vorjahr. Grund hierfür ist vor allem, dass immer weniger zu Hause gekocht und zunehmend Außer-Haus gegessen wird. So ist der Fleischverbrauch in Deutschland in den vergangenen drei Jahren nahezu konstant.
Die Zahl der Schlachtungen von Schweinen blieb 2014 auf dem hohen Niveau der Vorjahre und legte leicht um 0,2 % auf 58,7 Mio. Stück zu. Die erzeugte Fleischmenge stieg um 0,3 % auf 5,5 Mio. t. Schweinefleisch blieb die wichtigste Fleischart mit einem Produktionsanteil von gut 67 %. Danach folgen Geflügelfleisch mit knapp 19 % und Rindfleisch mit knapp 14 %. Der Anteil der übrigen Fleischsorten (v. a. Schaf- und Ziegenfleisch) beträgt nur knapp 0,3 %.
Bei Rindfleisch gibt es nach jahrelangem Rückgang der Erzeugung wieder eine leichte Steigerung um 1,9 % bei den Schlachtungen (3,6 Mio.) und 1,7 % bei der Fleisch-erzeugung (1,1 Mio. t).
Mit einem statistischen Pro-Kopf-Verzehr von 38,2 kg liegt Schweinefleisch trotz eines Rückgangs von 0,3 kg weiterhin deutlich an der Spitze der Verbrauchergunst. Wichtigste Ursachen dürften die demografische Entwicklung und die stets weiter zunehmende Entwicklung hin zum Außer-Haus-Verzehr sein. Auch die Preisrelationen zwischen den Fleischarten haben einen Einfluss, der weiterhin das Geflügelfleisch begünstigt. Hier blieb der Pro-Kopf-Verzehr mit 11,5 kg konstant. Der Verzehr von Rindfleisch ist nur leicht um 0,1 kg auf 8,9 kg zurückgegangen. Auf den Verzehr von Schaf- und Ziegenfleisch entfielen 0,5 kg und andere Fleischarten (insbesondere Innereien, Wild, Kaninchen) sind mit 1,2 kg zu veranschlagen.
Auch europaweit hat sich die Fleischproduktion im zurückliegenden Jahr positiv entwickelt und soll nach Schätzung der Europäischen Kommission auch 2015 und 2016 weiter wachsen. Für das laufende Jahr wird für die EU eine Fleischerzeugung von insgesamt 45,1 Mio. t Fleisch erwartet, 1,3 % mehr als 2014. Auch der Gesamtverbrauch ist im zurückliegenden Jahr wieder um 2,8 % auf 42,2 Mio. t gestiegen, nachdem die Nachfrage im Vorjahr aufgrund der gestiegenen Verbraucherpreise einen Tiefpunkt erreicht hatte.
Fleischwarenindustrie mit leichtem Wachstum
Nach einem vor allem durch das zeitweise hohe Preisniveau begründeten Minus von 1,1 % im Jahr 2013 konnte die industrielle Produktion von Roh-, Brüh- und Kochwurst im zurückliegenden Jahr leicht um 0,7 % zulegen. Während die Herstellung von Rohwurst um 1,1 % auf 428.703 t (2013: 433.669 t) rückläufig war, legten Brühwürste um 1,3 % auf 863.990 t (2013: 853.054 t) zu. Die Produktion von Kochwurst stieg um 2,7 % von 171.947 t im Jahr 2013 auf 176.566 t im zurückliegenden Jahr 2014. Insgesamt wurden 1.469.259 t Wurstwaren von der deutschen Fleischwarenindustrie hergestellt. Wesentliche Produktbereiche wie beispielsweise die Herstellung von rohem oder gekochtem Schinken werden von der amtlichen Statistik nicht erfasst. Der Anteil der bei Discountern verkauften Wurstwaren beträgt in Deutschland rund 44 Prozent. Der Umsatz der deutschen Fleischwarenindustrie stieg im zurückliegenden Jahr 2014 um 3,38 % auf 18,16 Mrd. €.
Export als Motor des Ertrags
Die weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch bietet auch für die deutsche und europäische Fleischwirtschaft mit ihren guten und stabilen natürlichen Ressourcen sowie dem hohen Qualitätsniveau beste Chancen. Insbesondere ländliche Räume mit kleinteiliger Agrarstruktur profitieren von Erträgen aus der tierischen Veredelung. Der Wohlstand in ehemals strukturschwachen Regionen u. a. in Nordwestdeutschland ist nicht zuletzt auf die wirtschaftliche Dynamik und die ökonomischen Sekundärwirkungen des tierischen Veredelungssektors zurückzuführen.
Mit gut 4,2 Mio. t exportierte die deutsche Fleischwirtschaft 2014 weiterhin auf sehr hohem Niveau und konnte erneut einen Zuwachs verzeichnen (+3,7 %). Die Exporterlöse gingen hingegen aufgrund der niedrigeren Rohstoffpreise um knapp 2 % auf ca. 9,6 Mrd. € zurück.
Von der Exportmenge entfielen 12,8 % auf Fleischwaren (Würste und Fleischzubereitungen). Die deutsche Fleischwarenindustrie konnte damit ihren Anteil am Gesamtexport des Fleischsektors erneut steigern (Vorjahr 12,3 %). Wichtigste Abnehmerländer für Fleisch und Fleischwaren aus Deutschland sind die EU-Länder, in die je nach Tierart und Produktkategorie 80 bis 90 % der Ausfuhrmengen fließen.
Bei den Nebenprodukten der Schlachtung (u. a. Innereien, Speck und Fette) haben Drittländer mit rund 50 % einen deutlich höheren Anteil. Die Ausfuhren dieser hochwertigen Erzeugnisse in Länder mit Verbraucherpräferenzen, die sich von denen in Deutschland und der EU stark unterscheiden, sichern eine bedeutende Ertragskomponente für die hiesige Fleisch- und Landwirtschaft. Insgesamt wurden aus Deutschland 692.000 t an Nebenprodukten ausgeführt, 43.000 t mehr als 2013. Wichtigste Zielländer sind China (131.000 t), die Niederlande (116.000 t) und Hongkong (98.000 t).
Bei frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist die Exportmenge nach vorläufigen Daten um etwa 0,6 % auf insgesamt 1,742 Mio. t angestiegen. Der Anteil der EU-Mitgliedstaaten betrug 83 %.
Trotz schwieriger Bedingungen bei den Veterinärregelungen mit bestimmten Drittländern und der kompletten Sperre Russlands aufgrund der afrikanischen Schweinepest im Osten der EU ab Februar 2014 nahm das Drittlandsvolumen bei frischem und gefrorenem Fleisch mit 292.000 t nur um knapp 25.000 t ab, wurde aber durch die gestiegenen Lieferungen in EU-Länder überkompensiert. Deutschland ist in diesem Bereich seit 2013 hinter Dänemark der zweitgrößte Drittlandsexporteur der EU. Der ehemals bedeutendste Drittlandsmarkt Russland ist wegen der Liefersperre seit Februar 2014 entfallen. Erneut zugenommen hat der Export nach China auf 83.000 t. Den größten Zuwachs gab es bei den Lieferungen nach Korea, die um gut 36.000 t auf über 66.000 t zunahmen. Drittstärkster Abnehmer außerhalb der EU sind die Philippinen mit 30.000 t (plus 19.000 t). Ferner hat sich die Menge, die nach Japan exportiert wurde, um fast 130 % auf 13.000 t erhöht. Nimmt man alle Produkte des Sektors Schweinefleisch zusammen (gekühlt, gefroren, verarbeitet, Nebenprodukte, Fette etc.), so beträgt die Exportmenge in Drittländer 712.000 t.
Insgesamt hat sich die Struktur der Exportziele außerhalb der EU erheblich differenziert. Die deutschen Schweinefleischexporteure beliefern mittlerweile eine breitere Palette von Ländern, und die bisherige Dominanz einiger weniger Exportziele ist abgeschwächt. Weitere wichtige Zielländer sind Südafrika (9.400 t), die Demokratische Republik Kongo (9.100 t), Malaysia (6.000 t), die Elfenbeinküste (4.600 t) und die Schweiz (4.400 t).
Die Erschließung neuer Exportmärkte ist für die Absatzsicherung der deutschen Fleischwirtschaft von existenzieller Bedeutung. Die deutschen Fleischunternehmen arbeiten daher seit sechs Jahren in German Meat, der gemeinschaftlichen Exportförderungsorganisation der deutschen Fleischwirtschaft, erfolgreich zusammen. Ein Großteil der erzielten Differenzierungserfolge ist auf die Tätigkeit in Kooperation mit German Meat zurückzuführen.
Die Ausfuhr von frischem und gefrorenem Rindfleisch ist um 2,5 % auf 325.000 t gestiegen. Hiervon waren sowohl die Lieferungen in EU-Länder als auch die Exporte in Drittländer betroffen. Etwa 86 % der Rindfleischexporte entfielen auf frisches Rindfleisch. Der mit Abstand größte Teil dieser Lieferungen (90 %) ging in EU-Mitgliedsstaaten. Wichtigste Zielländer sind hier die Niederlande, Frankreich und Italien.
Das Volumen des Drittlandsexports war im Jahr 2014 mit 31.500 t etwa 11 % höher als 2013. Wichtigste Ursache für die Steigerung war eine deutliche Zunahme der Ausfuhren von gefrorenem Rindfleisch nach Russland in der ersten Jahreshälfte. Nach der politisch bedingten Einfuhrsperre auch für dieses Fleisch sind Exporte nach Russland nicht mehr möglich. Die Liefermenge nach Norwegen sank erneut um knapp 2.000 t auf nur noch 6.400 t. Wichtigstes Zielland ist weiterhin die Schweiz mit nahezu konstanten 12.600 t.
Der Drittlandsexport von Fleischerzeugnissen ist naturgemäß weniger stark ausgeprägt als der Export von Frischfleisch, weil der Verzehr von Wurstwaren in außereuropäischen Märkten anderen Verzehrgewohnheiten unterliegt. Trotzdem finden deutsche Wurstwaren Käufer selbst in ostasiatischen Märkten wie Japan, Korea oder Hongkong. Deutlich stärker ist die Position der deutschen Fleischwarenindustrie dagegen in Europa. Hier entfällt gut ein Viertel der Produktion von Wurstwaren auf die deutschen Unternehmen. Im zurückliegenden Jahr 2014 konnte die deutsche Fleischwarenindustrie ihre Exportquote gegenüber dem Vorjahr um 3,6 % von 13,8 % auf 14,3 % erhöhen.
Einfuhr stagniert
Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Rindfleisch betrug 296.000 t und lag damit um 3,4 % unter der Menge von 2013. Auf die Bezüge aus anderen EU-Ländern entfielen davon mit rund 254.000 t ca. 86 %. Wichtigste Lieferländer sind die Niederlande, Polen und Österreich. Zu beachten ist hierbei, dass ein erheblicher Anteil der Rindfleischlieferungen aus den Niederlanden ursprünglich Drittlandseinfuhren vor allem aus Südamerika und den USA sein dürften, die über den Hafen Rotterdam in die EU eingeführt werden. Dieser „Rotterdam-Effekt“ wird in der Außenhandelsstatistik nicht berücksichtigt.
Aus Drittländern wurden rund 42.000 t direkt nach Deutschland eingeführt. Das war ein Rückgang von 10,5 %. Die Einfuhr bleibt weiterhin deutlich hinter der traditionell eingeführten Menge an Rindfleisch zurück. Argentinien ist mit 19.000 t weiterhin der mit Abstand wichtigste Lieferant außerhalb der EU. Die Menge war aber erneut erheblich geringer als im Vorjahr (-17 %). Uruguay steht in der Rangliste der Lieferländer mit 8.300 t auf dem zweiten Platz mit einem Rückgang gegenüber 2013 von 6,2 %. Die Einfuhr aus Brasilien nahm erneut zu (+7 %). Die Menge ist mit 8.300 t gemessen an der ehemaligen Bedeutung dieses Lieferlandes eher bescheiden. Weiter zurückgegangen ist der Import aus den USA auf 4.400 t (-24 %).
Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist 2014 um 1,7 % auf 962.000 t zurückgegangen. Auch hier dürfte aber die Korrektur dieser noch vorläufigen Zahlen insbesondere in Bezug auf die Bezüge aus den EU-Ländern dazu führen, dass die Mengen gegenüber dem Vorjahr in etwa gleich geblieben sind. Wichtigstes Lieferland ist wie auch im Vorjahr Dänemark mit 338.000 t (+4 %) vor Belgien mit 315.000 t (-9 %) und den Niederlanden mit 117.000 t (+4 %).
Aus Drittländern wurden lediglich 3.200 t importiert, das meiste davon aus Chile, dessen Lieferungen im Vergleich zu 2013 um 27 % auf 2.000 t zurückgingen.