Pressemitteilung zur VDF/BVDF-Jahrestagung 2016
VDF/BVDF, 28.04.2016 -Wirtschaftliche Entwicklung des deutschen Fleischsektors
Die Marktbedingungen im vergangenen Jahr waren für die Fleischunternehmen extrem schwierig. Vor allem die Schweineschlachtbetriebe mussten trotz steigender Schlachtungen Umsatzeinbußen hinnehmen. Die leicht rückläufige Inlandsnachfrage auf der einen und eine erhöhte Produktionsmenge in Deutschland aber auch in anderen Mitgliedsstaaten der EU auf der anderen Seite haben zu einem sehr niedrigen Preisniveau geführt. Dazu wird der Absatz von deutschem Schweinefleisch in andere EU-Länder wohl auch in Folge der Herkunftskennzeichnung und Nationalismen zunehmend schwieriger, hier ist die Menge im Vergleich zum Vorjahr um fast 5 % zurückgegangen. Den Unternehmen ist es allerdings gelungen, am wachsenden Welthandel und insbesondere an der steigenden Nachfrage in Asien teilzuhaben, so dass die Ausfuhren insgesamt auf dem Vorjahresniveau gehalten werden konnten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass deutsches Schweinefleisch aufgrund fehlender Veterinärgrundlagen längst nicht in alle potentiellen Abnehmerländer geliefert werden kann. Wäre diese Möglichkeit gegeben, sähe die Preissituation für die Schlachtunternehmen vermutlich günstiger aus.
Im Rindfleischsektor ist die Lage am heimischen Markt weitaus besser. Hier ist zwar die Anzahl der Schlachtungen leicht zurückgegangen, auf der anderen Seite hat die Nachfrage im Land leicht zugelegt. Offensichtlich liegt Rindfleisch als hochwertiges Qualitätsprodukt im Trend der Verbraucher. Dies gilt auch für die Importe vor allem aus Südamerika und anderen Ländern, die Premiumfleisch liefern. Die Einfuhrmenge ist aber trotz der guten Nachfrage stabil geblieben, vor allem weil auch andere Länder Rindfleisch stark nachfragen und weil in bestimmten Ländern (insbesondere Argentinien) die Rindfleischproduktion stagniert oder sogar gesunken ist. Die international wachsende Rindfleischnachfrage kann aus Deutschland leider kaum bedient werden, da wir wegen fehlender Veterinärvereinbarungen insbesondere mit den asiatischen Ländern vom internationalen Exportmarkt abgeschnitten sind. Die Exporte aus Deutschland spielen sich nahezu vollständig in Europa ab, dabei weit überwiegend im EU-Binnenmarkt, sowie nach Norwegen und in die Schweiz.
Die deutsche Fleischwarenindustrie konnte nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes ihren Umsatz um 0,7 % von 18,16 Mrd. € auf 18,30 Mrd. € leicht ausdehnen. Die Zahl der Betriebe in Deutschland blieb mit 384 weitgehend stabil, während die Zahl der Beschäftigten leicht auf 58.930 (2014: 57.803) zunahm.
Die Nachfrage
Der Fleischverzehr ist in Deutschland im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr von 60,9 kg pro Kopf der Bevölkerung auf 59,9 kg um 1 kg gesunken. Hauptgründe dafür sind die sich ändernden Verzehrgewohnheiten mit kontinuierlich steigendem Außer-Haus-Konsum, eine weiter alternde Gesellschaft mit geringer Nachfrage nach Nahrungsmitteln insgesamt sowie eine enttäuschende Grillsaison im zurückliegenden Jahr. Im europäischen Vergleich liegt der Verzehr in Deutschland damit hinter Dänemark, Spanien, Frankreich und weiteren EU-Mitgliedsländern im Mittelfeld.
Mit einem statistischen Pro-Kopf-Verzehr von 37,3 kg liegt Schweinefleisch trotz eines Rückgangs von 1,2 kg weiterhin deutlich an der Spitze der Verbrauchergunst. Wichtigste Ursachen dürften in der demografischen Entwicklung, in der stets weiter zunehmenden Entwicklung hin zum Außer-Haus-Verzehr und im Anstieg des Anteils von Bevölkerungsgruppen, die Schweinefleisch aus dem Ernährungsraster ausschließen, zu finden sein. Auch die Preisrelationen zwischen den Fleischarten haben einen Einfluss, der weiterhin das Geflügelfleisch begünstigt. Hier stieg der Pro-Kopf-Verzehr mit 11,7 kg minimal an. Der Verzehr von Rindfleisch ist ebenfalls leicht um 0,1 kg auf 9,2 kg angestiegen. Auf den Verzehr von Schaf- und Ziegenfleisch entfielen 0,6 kg und andere Fleischarten (insbesondere Innereien, Wild, Kaninchen) sind mit 1,2 kg zu veranschlagen.
Das Angebot
Die Fleischerzeugung insgesamt stieg in Deutschland im vergangenen Jahr leicht an, die Entwicklung bei den einzelnen Fleischarten ist jedoch unterschiedlich. Ebenso legte die Produktion der Fleischwarenindustrie wieder zu.
Die Zahl der Schlachtungen von Schweinen stieg 2015 über das bereits hohe Niveau des Vorjahres und legte um 0,8 % auf 59,3 Mio. Stück zu. Die erzeugte Fleischmenge stieg um ebenfalls um 0,8 % auf 5,6 Mio. t. Schweinefleisch blieb die wichtigste Fleischart mit einem Produktionsanteil von gut 67 %. Danach folgen Geflügelfleisch mit knapp 18 % und Rindfleisch mit knapp 14 %. Der Anteil der übrigen Fleischsorten (v. a. Schaf- und Ziegenfleisch) beträgt nur ca. 0,3 %.
Bei Rindfleisch ist die Erzeugung wieder leicht um 1,5 % bei den Schlachtungen (3,5 Mio.) und 0,9 % bei der Fleischerzeugung (1,1 Mio. t) zurückgegangen.
Die deutsche Fleischwarenindustrie hat im zurückliegenden Jahr 2015 die Produktion von Roh-, Brüh- und Kochwurst deutlich um 3,9 % von 1.469.259 t (2014) auf 1.526.622 t steigern können. Bereits 2014 hatte mit einem leichten Plus von 0,7 % abgeschlossen. Mit 5,8 % von 863.990 t auf 914.498 t fiel der Zuwachs in der größten Warengruppe der Brühwürste besonders deutlich aus. Kochwürste legen von 176.566 t auf 183.799 t um 4,1 % zu. Die Produktionsmenge bei Rohwurst blieb dagegen mit 428.325 t (Vorjahr 428.703) nahezu gleich (- 0,1 %). Schinken und weitere Fleischwaren sowie Fleischersatzprodukte werden von der staatlichen Statistik nicht erfasst.
Export entwickelt sich dynamisch
Die sich weiter erholende Weltwirtschaft sorgt für weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch. Der deutschen und europäischen Fleischwirtschaft mit ihren guten und stabilen natürlichen Ressourcen sowie dem hohen Qualitätsniveau eröffnet dies beste Chancen. Insbesondere ländliche Räume mit kleinteiliger Agrarstruktur profitieren von Erträgen aus der tierischen Veredelung. Der Wohlstand in ehemals strukturschwachen Regionen wie in Nordwestdeutschland ist nicht zuletzt auf die wirtschaftliche Dynamik und die ökonomischen Sekundärwirkungen des tierischen Veredelungssektors zurückzuführen.
Mit gut 4,2 Mio. t exportierte die deutsche Fleischwirtschaft 2015 weiterhin auf sehr hohem Niveau und konnte erneut einen leichten Zuwachs verzeichnen (+0,7 %). Die Exporterlöse gingen hingegen aufgrund der niedrigeren Rohstoffpreise um knapp 1,8 % auf ca. 9,4 Mrd. € zurück.
Von der Exportmenge entfielen 13,0 % auf Fleischwaren (Würste und Fleischzubereitungen). Die deutsche Fleischwarenindustrie konnte damit ihren Anteil am Gesamtexport des Fleischsektors erneut steigern (Vorjahr 12,8 %). Wichtigste Abnehmerländer für Fleisch und Fleischwaren aus Deutschland sind die EU-Länder, in die je nach Tierart und Produktkategorie 80 bis 90 % der Ausfuhrmengen fließen.
Bei den Nebenprodukten der Schlachtung (u. a. Innereien, Speck und Fette) haben Drittländer mit über 50 % einen deutlich höheren Anteil. Die Ausfuhren dieser Erzeugnisse in Länder mit Verbraucherpräferenzen, die sich von denen in Deutschland und der EU stark unterscheiden, sichern eine bedeutende Ertragskomponente für die hiesige Fleisch- und Landwirtschaft.
Insgesamt wurden aus Deutschland 687.000 t an Nebenprodukten ausgeführt, 12.500 t weniger als 2014. Der Rückgang resultiert aus geringeren Ausfuhren in EU-Länder. Der Drittlandsexport nahm um 44.800 t (plus 13,1 %) auf 387.000 t zu. Wichtigste Zielländer sind China (199.000 t), die Niederlande (105.000 t) und Hongkong (72.000 t).
Bei frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist die Exportmenge nach vorläufigen Daten um etwa 0,8 % auf insgesamt 1,772 Mio.t angestiegen. Der Anteil der EU-Mitgliedstaaten betrug 80 %.
Trotz schwieriger Bedingungen bei den Veterinärregelungen mit bestimmten Drittländern und der kompletten Sperre Russlands aufgrund der afrikanischen Schweinepest im Osten der EU ab Februar 2014 konnte das Drittlandsvolumen bei frischem und gefrorenem Schweinefleisch mit 356.000 t um gut 65.000 t deutlich gesteigert werden. Die Lieferungen in EU-Länder nahmen hingegen um 51.000 t auf 1.416.000 t ab.
Deutschland ist in diesem Bereich erneut größter Drittlandsexporteur der EU vor Dänemark. Insgesamt hat sich die Struktur der Exportziele außerhalb der EU erheblich differenziert. Die deutschen Schweinefleischexporteure beliefern mittlerweile eine breitere Palette von Ländern. Erneut stark zugenommen hat der Export nach China mit einer Verdoppelung der Liefermenge auf 168.000 t. Einen leichten Rückgang gab es bei den Lieferungen nach Korea (-0,7 % auf 65.900 t), die 2014 um gut 36.000 t angestiegen waren. Drittstärkster Abnehmer außerhalb der EU sind die Philippinen mit 25.700t (minus 4.100 t). Der Export nach Japan ist mit 13.200t nahezu unverändert. Südafrika ist mit 13.000 t ein weiterer bedeutender Abnehmer.
Nimmt man alle Produkte des Sektors Schweinefleisch zusammen (gekühlt, gefroren, verarbeitet, Nebenprodukte, Fette etc.), so beträgt die Exportmenge in Drittländer 811.000 t. Der Wegfall des Exports nach Russland ist zumindest mengenmäßig mehr als kompensiert.
Die Erschließung neuer Exportmärkte ist für die Absatzsicherung der deutschen Fleischwirtschaft von existenzieller Bedeutung. Die deutschen Fleischunternehmen arbeiten daher seit sieben Jahren in German Meat, der gemeinschaftlichen Exportförderungsorganisation der deutschen Fleischwirtschaft, erfolgreich zusammen. Ein Großteil der erzielten Differenzierungserfolge ist auf die Tätigkeit in Kooperation mit German Meat zurückzuführen.
Die Ausfuhr von frischem und gefrorenem Rindfleisch ist um 2,4 % auf 315.000 t gesunken. Der Rückgang wurde durch geringere Lieferungen in EU-Länder verursacht. Etwa 87 % der Rindfleischexporte entfielen auf frisches Rindfleisch. Der mit Abstand größte Teil dieser Lieferungen (89 %) ging in EU-Mitgliedsstaaten. Wichtigste Zielländer sind hier die Niederlande, Frankreich und Italien.
Das Volumen des Drittlandsexports war im Jahr 2015 mit 32.800 t etwa 3,8 % höher als 2014. Wichtigste Ursache für die Steigerung war eine deutliche Zunahme der Ausfuhren von gekühltem Rindfleisch nach Norwegen (plus 170 % auf 17.000 t). Die Lieferungen dorthin sind sehr stark abhängig von den Zöllen, die je nach Marktsituation angehoben und gesenkt werden. Zweitwichtigstes Zielland ist die Schweiz mit 9.800 t (minus 21,8 %).
Der Drittlandsexport von Fleischerzeugnissen ist weniger stark ausgeprägt als der Export von Frischfleisch, weil der Verzehr von Wurstwaren in außereuropäischen Märkten bislang anderen Verzehrgewohnheiten unterliegt. In ostasiatischen Märkten wie Japan, Korea oder Hongkong, wo deutsche Fleischwaren zunehmend als besonders hochwertige Spezialitäten bekannt sind, ist allerdings eine steigende Nachfrage spürbar.
Einfuhr steigt moderat
Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Rindfleisch betrug 327.000 t und lag damit um 4,8 % über der Menge von 2014. Auf die Bezüge aus anderen EU-Ländern entfielen davon mit rund 284.000 t circa 86 %. Wichtigste Lieferländer sind die Niederlande, Italien und Frankreich. Zu beachten ist hierbei, dass ein erheblicher Anteil der Rindfleischlieferungen aus den Niederlanden ursprünglich Drittlandseinfuhren vor allem aus Südamerika und den USA sein dürften, die über den Hafen Rotterdam in die EU eingeführt werden. Dieser „Rotterdam-Effekt“ wird in der Außenhandelsstatistik nicht berücksichtigt.
Aus Drittländern wurden rund 43.000 t direkt nach Deutschland eingeführt. Das war ein Anstieg von 1,1 %. Die Einfuhr bleibt weiterhin deutlich hinter der traditionell eingeführten Menge an Rindfleisch zurück. Argentinien ist mit 19.000 t weiterhin der mit Abstand wichtigste Lieferant außerhalb der EU. Die Menge war etwas höher als im Vorjahr (plus 2,4 %). Uruguay steht in der Rangliste der Lieferländer mit 8.200 t auf dem zweiten Platz mit einem Rückgang gegenüber 2014 von 2,7 %. Die Einfuhr aus Brasilien ging nach einer Zunahme in Vorjahr um 7,2 % auf 7.800 t zurück. Die Menge ist gemessen an der ehemaligen Bedeutung dieses Lieferlandes eher bescheiden. Weiter zurückgegangen ist der Import aus den USA auf 4.000 t (-10,2 %).
Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist 2015 um 8,2 % auf 913.000 t zurückgegangen. Wichtigstes Lieferland ist wie auch im Vorjahr Dänemark mit 330.000 t (-3,3 %) vor Belgien mit 300.000 t (-10,3 %) und den Niederlanden mit 109.000 t (-10,3 %).
Aus Drittländern wurden lediglich 3.400 t importiert, das meiste davon aus Chile, dessen Lieferungen im Vergleich zu 2014 um 13,1 % auf 1.700 t zurückgingen.