Borchert-Empfehlungen für mehr Tierwohl jetzt zügig umsetzen
Bonn, 12.03.2021 - Vor gut einem Jahr hatte das von Bundesministerin Klöckner eingesetzte Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung unter Leitung von Jochen Borchert Empfehlungen zum Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland vorgelegt.Die Empfehlungen wurden von allen politischen Parteien begrüßt und der Bundesrat stimmte der Umsetzung der Empfehlungen im vergangenen Sommer zu. Das BMEL hatte anschließend eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, mit der die rechtlichen Möglichkeiten zur Umsetzbarkeit unabhängig geprüft werden sollten. Die Ergebnisse liegen seit letzter Woche vor und wurden von Bundesministerin Klöckner vorgestellt (https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/umbau-nutztierhaltung.html).
In der heutigen Sitzung des Kompetenznetzwerks, der sogenannten Borchert-Kommission, hat die Hauptgeschäftsführerin des VDF Dr. Heike Harstick die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie begrüßt. Für alle relevanten Rechtsbereiche herrsche nun Klarheit über die Umsetzungsmöglichkeiten der Borchert-Empfehlungen. Die in der Studie aufgezeigten notwendigen Rechtsanpassungen (Änderung EU-Recht zur Förderdauer, nationales Bau- und Immissionsschutzrecht, Sicherstellung der Finanzierung) sollten jetzt zügig eingeleitet werden, damit das Borchert-Konzept für mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung starten kann.
Hinsichtlich der Gegenfinanzierung spricht sich der VDF aufgrund der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für den Wegfall des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für tierische Lebensmittel aus. Zum einen werden hierdurch allein die Verbraucher der betroffenen Produkte an der Finanzierung beteiligt und zum anderen wäre die Erhöhung der Mehrwertsteuer verwaltungstechnisch sehr einfach durchführbar. „Hingegen wäre die Einführung einer Verbrauchsabgabe auf tierische Erzeugnisse, die wir zunächst in der Borchert-Kommission präferiert haben, mit erheblichem Aufwand für die Finanzverwaltung und die Unternehmen verbunden. Denn die Erhebungssystematik und -verwaltung müsste völlig neu geschaffen werden und zudem würde eine solche Abgabe nicht an der Ladenkasse erhoben, sondern im Falle von Fleisch bei den Schlacht-/Zerlegebetrieben und den Fleischimporteuren“ so Dr. Heike Harstick.
Im Ergebnis der Machbarkeitsstudie sind aus Sicht des VDF folgende wesentliche Aspekte zur Umsetzung der Borchert-Empfehlungen hervorzuheben:
- Eine staatliche Förderung der Tierwohl-Mehrkosten ist notwendig, da eine Bezahlung über den Marktpreis nicht zu erwarten ist.
- Die Umsetzung der vorgesehenen Tierwohlmaßnahmen muss über den gesamten Zeitraum freiwillig bleiben, weil eine Förderung der Einhaltung rechtlich vorgeschriebener Maßnahmen nicht zulässig wäre.
- Eine Investitionsförderung für Tierwohlmaßnahmen wird als unproblematisch beurteilt.
- Die Tierwohlprämie (Ausgleich variabler Kosten) sollte möglichst hoch sein (80-90 % der Mehrkosten), damit von Beginn an eine breite Beteiligung erwirkt werden kann.
- Die Tierwohlmaßnahmen sollten mit einer staatlichen Tierwohlkennzeichnung kombiniert werden.
- Für die Förderdauer besteht EU-rechtlich eine Begrenzung auf aktuell maximal sieben Jahre. Die Bundesregierung ist hier gefordert, eine Änderung des EU-Rechts herbeizuführen. Wenn dies nicht gelingen sollte, müsste die Transformation der Tierhaltung mit verbindlichen Rechtsvorschriften oder förderpolitischen Anreizen erfolgen.
- Änderungen im Baurecht sind erforderlich. Der seit Juli im Bundestag vorliegende Gesetzentwurf würde dazu ausreichen.
- Anpassungserfordernisse im Immissionsschutzrecht sind überschaubar.
- Eine Gegenfinanzierung der Förderung durch eine Verbrauchsabgabe oder Erhöhung der Mehrwertsteuer ist unproblematisch, sofern keine Zweckbindung der Mittel erfolgt. Eine verbindliche Finanzierungszusage an die Landwirte kann per Vertrag erfolgen.
- Eine Ergänzungsabgabe auf die Einkommenssteuer wäre ebenfalls rechtlich unproblematisch.