Pressemitteilung zur VDF/BVWS-Jahrestagung 2022
Versorgung mit Fleisch noch sicher?
Herausforderndes Umfeld belastet die deutsche Fleischwirtschaft
VDF, 08.09.2022 - „Die deutsche Fleischwirtschaft hat in den Jahren der Corona-Pandemie die Bevölkerung verlässlich mit hochwertigem Fleisch und Fleischerzeugnissen beliefert. Die Versorgungssicherheit wird jetzt jedoch durch die Energiekrise und die mangelnde Unterstützung der Regierung beim Umbau der Tierhaltung gefährdet“, sagt Dr. Heike Harstick, Geschäftsführerin des Verbandes der Fleischwirtschaft e. V. (VDF). Die Schlachtung und Verarbeitung von Fleisch ist wie viele Bereiche der Lebensmittelwirtschaft energieintensiv und zur Versorgung der Bevölkerung notwendig. Nach wie vor wird die Branche jedoch darüber im Unklaren gelassen, ob und wie eine Zuteilung von Gas bei einer möglichen Mangellage erfolgt.
Schwierig ist auch die Situation durch das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen und punktuell in Hausschweinbeständen. Die verhängten Importverbote in Drittländern, deren Märkte für die wirtschaftliche Vermarktung und nachhaltige Verwendung des gesamten Tierkörpers eine bedeutende Rolle spielen, sorgen bei den Schlachtbetrieben für spürbare Ertragseinbußen.
Der sich fortsetzende deutliche Rückgang der Schweinemast in Deutschland wird die wirtschaftlichen Probleme des Sektors weiter verschärfen. Zahlreiche Landwirte beklagen die mangelnde Bereitschaft der Politik, für den Umbau der landwirtschaftlichen Erzeugung verlässliche Perspektiven zu bieten.
Steigende Energiepreise, eine zunehmend schwierige Vermarktung und Wettbewerbsnachteile durch nationale Auflagen führen bei vielen Bauern zur Betriebsaufgabe.
„Es ist vor diesem Hintergrund fraglich, ob die Versorgung mit heimischem Schweinefleisch weiter sichergestellt werden kann. Bereits heute betragen die Einfuhren mehr als ein Viertel der Verbrauchsmenge“, so Dr. Harstick weiter.
Marktentwicklungen
Im Jahr 2021 sank die Fleischerzeugung in Deutschland gegenüber 2020 um 177.000 t auf 8,291 Mio. t Schlachtgewicht. Das entspricht einem Rückgang um 2,4 %. Damit war die Fleischerzeugung im vierten Jahr in Folge rückläufig. Der Rückgang betraf hauptsächlich Schweine- und Rindfleisch. Der Trend setzte sich im ersten Halbjahr 2022 fort, in dem mit knapp 3,5 Mio. t Fleisch 7,9 % weniger produziert wurde als noch im Vorjahreszeitraum.
Auch für die deutschen Produzenten von Wurst und Schinken war das zurückliegende Jahr schwierig. Die Produktion von Wurstwaren nahm nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes um 8,9 % auf 1.373.622 t (Vorjahr 1.507.761 t) bei Rohwurst, Kochwurst und Brühwurst ab.
„Pandemiebedingte Einschränkungen in der Gastronomie, Engpässe durch die Unterbrechung der Lieferketten beispielsweise bei Ersatzteilen für Produktionsanlagen und ein allgemein sinkender Verzehr sind die Hauptgründe für den Produktionsrückgang bei Wurstwaren im vergangenen Jahr“, so Thomas Vogelsang, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Wurst- & Schinkenproduzenten e. V. (BVWS).
Bei Brühwürsten fiel das Minus mit 11,5 % und einer Produktionsmenge von 864.230 t (Vorjahr 976.667 t) besonders deutlich aus. Die Produktion von Rohwurst sank um 6,4 % auf 331.985 t (Vorjahr 354.633 t). Allein die Gruppe der Kochwürste wie Leberwurst oder Blutwurst legte um 0,5 % auf 177.407 t (Vorjahr 176.461 t) zu.
Zumindest teilweise konnte dieses Minus von den vegetarischen Ersatzprodukten ausgeglichen werden, die in den zurückliegenden Jahren an Bedeutung zugenommen haben und überwiegend aus den Betrieben der Fleischwarenproduzenten stammen.
Der Anteil der Fleischersatzprodukte bleibt mit 2,2 % bezogen auf die nachgefragten Mengen an Fleisch, Wurst und Geflügel eher gering. Wie die AMI mitteilte, verlangsamte sich das Wachstum in diesem Segment. Lag es 2020 noch bei 60 %, betrug es 2021 noch 34 %.
Exporte mit Einbußen
Der deutsche Außenhandel mit Fleisch und Fleischwaren stand auch im Jahr 2021 im Zeichen der weiteren Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP), weshalb viele Drittländer Einfuhrsperren für deutsches Schweinefleisch aufrechterhalten haben.
Mit gut 3,6 Mio. t exportiertem Fleisch und Fleischwaren verzeichnete die deutsche Fleischwirtschaft 2021 einen Mengenrückgang von 180.000 t (- 4,7 %). Die Export-erlöse fielen mit 10,6 % noch deutlicher und bezifferten sich auf 8,4 Mrd. € (- 1,0 Mrd. €). Dieser Trend setzte sich in der ersten Hälfte des Jahres 2022 fort, in der die Exporte um ein weiteres Zehntel zurückgingen.
Die Ausfuhren deutscher Wurstwaren nahmen im Jahr 2021 etwa auf 154.098 t (Vorjahr 160.952 t) ab. Die Einfuhren nahmen von 105.083 t auf 109.100 t zu.
Mit der kürzlich abgeschlossenen Regionalisierungsvereinbarung zwischen der EU und Südkorea hat erstmalig ein großes asiatisches Importland die ASP-Regionalisierung grundsätzlich akzeptiert. Zur Wiederaufnahme praktischer Lieferungen ist es jetzt erforderlich, dass das bilaterale Gesundheitszeugnis verabschiedet und Lieferbetriebe durch Korea gelistet werden. Dies wäre ein wichtiger Schritt für die Wirtschaftlichkeit der Schweinefleischproduktionskette in Deutschland.
Es ist dringend erforderlich, dass die Bundesregierung die politische Initiative übernimmt, um mit weiteren bedeutenden Drittländern Regionalisierungsabkommen zu erreichen. Das ist wichtig für alle Erzeuger in Deutschland. „Auch die Pfoten und Schwänze von Bio-Schweinen können nur in Drittländern wie China als Lebensmittel mit hoher Wertschöpfung für die deutschen Erzeuger vermarktet werden“, verweist Dr. Harstick auf die Bedeutung der Drittlandexporte.
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